Der alte Hund

Mein sauschlaues, weltbestes Mädchen ist in die Jahre gekommen. Gelinde gesagt, sie ist alt, grunzt und schmatzt im Schlaf, furzt ungehemmt, weil ja nicht nur sie, sondern auch ihre Verdauung träger geworden ist. Na und?

Einst war sie mal recht farbstark, inzwischen sieht sie eher aus wie zu oft und zu heiß gewaschen, verblichen und etwas fellexplodiert, was aber nix macht, denn die Notkastration hat sie eh ihrer einstigen Schönheit beraubt. Doch was stört uns das, sie ist nämlich „innen“ ganz sicher der allerschönste Hund ever!!!

Ihre Spleens, die einst mal klein waren, sind nun größer geworden. Aber genau diese Macken hab ich als Kleinigkeiten schon gemocht und jetzt finde ich die ebenfalls in die Jahre gekommenen, seltsamen Marotten immer noch sehr tragbar und äußerst originell-schrullig-charmant :-) Dazu gehört unter anderem auch Skys Quietschen und Jodeln. Inzwischen tut sie das nicht mehr nur bei kleinen, mürrischen, alten Hunde-Opis, die sie schon immer extrem vergöttert hat. Nun quietscht sie bei so ziemlich allen dahergelaufenen und ihre Bahn kreuzenden Hunden und inzwischen auch Menschen, egal, ob sie einen Hunde-Opa ihr Eigen nenne oder nicht. Sie mag einfach wirklich jeden, der in ihren Dunstkreis kommt! Auf jeden Fall ist sie nicht leiser geworden im Alter. Nur energischer in ihren Sympathiebekundungen :-)

Ein bisschen ist sie tatsächlich wie meine zweibeinige Oma, die inzwischen verstorben ist, aber im Alter auch unglaublich „weich“ wurde. Werden wir das im Alter alle?

Sky ist nachgiebig, nett, liebenswert, verzeiht alles und hat definitiv keine Lust mehr, Fräulein Rottenmeier zu mimen, wie sie es früher gerne bei nervigem Jungvolk machte. Besucht sie meine Welpengruppen, ist ihre Rolle nun, selbst wieder sowas wie ein (zwar alter und fusseliger, aber dennoch sehr verspielter) „Welpe“ zu werden. Auf den von mir geplanten erzieherischen Einsatz diverser Jungschnösel kann sie bestens verzichten. Sie albert nämlich lieber herum, anstatt wie früher unnahbar zu sein. Sie kann sich das prima erlauben, wo sie (und ich!) wissen, dass sie sich die Rente wohl verdient hat :-)

Sky hatte schon immer eine große Ausstrahlung, aber jetzt hat sie, wie viele alte Hunde, eine unendlich große Aura. Die Knochen mögen zwar dann und wann leider knirschen, aber das hält sie nicht davon ab, sehr präsent zu sein (vorausgesetzt, sie bequemt sich, noch vor Mittag aus dem Bett zu steigen, wo sie ihren ausgiebigen Altersschlaf genießt :-))

Zu Hause ist mein Dreamteam inzwischen Indigo & Sky. Ich hätte nicht gedacht, dass die „ahle Omma“ noch mal so ans Spielen kommt. Klar, mit ihren 11 Lenzen schläft sie wirklich mehr als die anderen, aber wenn das alte Mädchen wach ist, dann kugelt sie munter mit dem Nervbert durch die Gegend. Im Herumkugeln ist sie Meisterin!!!

Es ist etwas ganz besonderes, wenn man so lange mit einem Hund zusammenlebt. Man ist ein eingespieltes Team und ein Seitenblick reicht zur Verständigung. Noch viel mehr als früher weiß sie, wie wir Menschen funktionieren. So kratzt sie sich nämlich nicht mehr selber, sondern kommt und zeigt mit lasch wedelnder Pfotenbewegung die Stelle an, wo es gerade juckt und wo Dickmadame anweist, gepuhlt, befummelt und gekrault zu werden. Tut man es, kann man sich sicher sein, dass sie lustvoll stöhnt und grunzt und damit einen „Treffer“ signalisiert.

Es stört mich nicht, dass sie alt geworden ist und nun eigene Vorstellungen hat, wie genau und vor allem, in welcher Geschwindigkeit etwas ablaufen soll. Mich stört nur, dass ich mir jede Sekunde bewusst sein muss, dass jeder Tag mit ihr ein Geschenk ist. Und dieses Bewusstsein habe ich seit Neuestem mehr als zuvor: Wenn Sky einmal in die ewigen Jagdgründe geht, wird es mir das Herz zerreißen. Aber ich habe bis dahin jeden Moment mir ihr genossen und bin glücklich, einen solch grandiosen Hund an meiner Seite zu wissen!